1. Gemeinwohl-Talk war ein großer Erfolg

Screenshot: Axel Effner, Pressevertreter Südostbayern

„Mit 76 Teilnehmer*innen hatten wir nicht gerechnet,“ erfreute sich die Regionalgruppen-Koordinatorin Judith Zahn.

Unter der Moderation von Judith Landes wurden die Sichtweisen einer Bank, einer Gemeinde und Judith Zahn als Koordinatorin und Unternehmensbegleiterin zum Thema Gemeinwohl Ökonomie vorgestellt.

Mit großer Freude durften wir Herrn Grundner von der Sparkasse ihr erstes Gemeinwohl Testat überreichen. Wir freuen uns, eine Bank in unserer Region zu haben, die vor denkt und im Sinne des Gemeinwohls handelt und sich in diesem Feld auch weiter entwickeln wird.

Foto: Sparkasse Berchtesgadener Land

 

„Was kommt nach Corona?“ Mit dieser Frage beschäftigte sich eine öffentliche Diskussion per Videotalk, die die beiden Regionalgruppen der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) in Südostbayern und Wasserburg organisiert hatten. Neben Kirchanschöring, das 2018 als erste Kommune in Deutschland ein GWÖ-Testat erhielt, haben mittlerweile 25 Unternehmen in der Region mindestens einmal nach der GWÖ bilanziert. Über ihre vielfältigen Praxis-Erfahrungen damit berichteten und diskutierten die regionale GWÖ-Koordinatorin Judith Zahn aus Traunreut, Hans-Jörg Birner, 1. Bürgermeister von Kirchanschöring, und Helmut Grundner. Er ist Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Berchtesgadener Land, die am 31. Januar ihr GWÖ-Testat überreicht bekommen hat.

Moderatorin Judith Landes aus Halfing freute sich, dass die GWÖ regional wie auch bundesweit auf wachsendes Interesse bei Politikern, Privatleuten und Unternehmen samt Mitarbeitern stößt. Bis zur zentralen Themenwoche im Juni stehen in den kommenden Monaten zahlreiche Angebote zur Information und zum Austausch über die GWÖ sowie Praxisbeispiele auf dem Programm.

Sparkassenvorstand Helmut Grundner berichtete über die große Eigendynamik, Transparenz und werteorientierte Bewusstseinsbildung, die die Vorbereitungen für die Gemeinwohl-Bilanzierung seit 2018 mit sich gebracht hätten. Als Marktführer im Landkreis Berchtesgadener Land mit rund 360 Mitarbeitern habe die Bank angesichts dramatischer Umbrüche in der Branche in einem Workshop die Zukunftschancen ausgelotet. Dabei habe sich gezeigt, dass die regionale Verwurzelung und die „Gemeinwohlorientierung seit der Gründung 1840 zu unserer DNA gehören“.

Hans-Jörg Birner blickte auf die intensiven Bürgerprozesse der 1980er Jahre in der Gemeinde Kirchanschöring zurück. Sie hätten zu einer Neuorientierung im gesellschaftlichen Umgang von Politik und Bürgertum geführt. Eine Motivation zur Einführung der Gemeinwohlbilanz sei gewesen, ein Werkzeug „zur Außendarstellungen unserer Aktivitäten als Kommune jenseits der reinen Kennzahlen“ zu gewinnen.

Rege Diskussionen entwickelten sich in eigenen Chatgruppen, in denen die Referenten auf Fragen der Zuhörer eingingen. Zum Thema „Wie kann ich aktiv werden?“ stellte Judith Zahn die Möglichkeiten zur persönlichen Veränderung und zum Engagement in der GWÖ-Regionalgruppe sowie im Kurs „Enkeltauglich leben“ vor. Dieser wird seit einigen Jahren vom Katholischen Kreisbildungswerk Traunstein angeboten und ist ein Renner im gesamten deutschsprachigen Raum geworden. Anhand eines Spiels mit Wettcharakter entwickeln und realisieren die Teilnehmer dabei mit Unterstützung der anderen persönliche Projektideen.

Die Resonanz von Kunden und Mitarbeitern auf die Einführung der GWÖ, die Umsetzung in der Region und die Unterschiede zu anderen Finanzinstituten beleuchtete Helmut Grundner in der Fragerunde. Der Sparkassenchef verwies dazu auf ein neues Modell produktunabhängiger Kundenberatung, Corona-Gutscheinprojekte und die regionale Wirtschaftsförderung in Netzwerken, ökologische Initiativen und ein Projekt zum Humusaufbau für den regionalen CO2-Ausgleich sowie Initiativen für bezahlbaren Wohnraum und Spendenplattformen zur Unterstützung von Vereinen und Organisationen. Im Unterschied zu börsennotierten Finanzinstituten stehe „nicht die Gewinnmaximierung, sondern regionale Wertschöpfung in Wirtschaftskreisläufen“ im Fokus. Dies komme nach anfänglicher Skepsis inzwischen gut an. Auf die Frage nach „regionalen Investments“ verwies Grundner auf Gespräche mit Unternehmen und Energieversorgern.

Bürgermeister Hans-Jörg Birner berichtete vor allem von guten Erfahrungen mit neuen Instrumenten wie dem Bürgerrat und wie aktive Bürgerbeteiligung grundsätzlich gelingen kann. Im September 2020 wurden dazu erstmals 15 Kirchanschöringer zufällig aus dem Melderegister ausgelost. Unterstützt von professionellem Coaching erarbeitete das Gremium zukunftsorientierte Ideen für die Kinderbetreuung in der Gemeinde als Form der direkten Demokratie. In der „stärkeren Einbindung von Bürgerinteressen in kommunale Entscheidungen“ sah Birner ein wichtiges Mittel gegen Politikverdruß und Polarisierungen.

Als nächste Veranstaltung hat die GWÖ-Regionalgruppe Südostbayern am 17. März um 19 Uhr eine öffentliche Videodiskussion für Unternehmer „Kooperationsmodelle aus der Praxis“ organisiert. Am Dienstag, 23. März um 19 Uhr folgt eine Videodiskussion für Gemeindevertreter.