2020-09-11 – 2020-09-12 Fair handeln – Gesellschaft verwandeln
Mit dem Titel „FAIR HANDELN – GESELLSCHAFT VERWANDELN: Gemeinwohl-Ökonomie und Soziale Dreigliederung als Kompass für ein gutes Leben für alle“ fand am 11./12. September 2020 im Anthroposophischen Zentrum Kassel ein Symposium mit Impulsvorträgen und Workshops mit gut 50 Teilnehmenden statt. Trotz Corona-Bedingungen wurden ein intensiver Austausch untereinander, neue Erkenntnisse und lebendige Erfahrungen möglich.
Ausgangspunkt für den Austausch waren Impulse von Albrecht Binder (Apotheker), Christian Einsiedel (Stiftung Gemeinwohl-Ökonomie NRW) und Michael Munk (Anthroposophische Gesellschaft – Zweig Kassel).
Idee und Umsetzung der Gemeinwohl-Ökonomie
Albrecht Binder, Apotheker, Unternehmer im Gesundheitswesen aus Steinheim/Westfalen und Mit-Gründer der Stiftung Gemeinwohl-Ökonomie NRW, stellte in seinem Vortrag dar, wie es gelungen ist, inmitten der „strukturarmen“ Region Ostwestfalen den Landkreis Höxter im Rahmen eines „Leader-Projektes“ zur Gemeinwohl-Region gedeihen zu lassen. Er führte aus, dass sich im Kreis Höxter immerhin sieben Unternehmen und drei Städte haben zertifizieren lassen. Neben vielen ethischen Aspekten, an denen sich die Gemeinwohl-Bilanz ausrichtet, nannte Albrecht Binder aus persönlicher Erfahrung einen weiteren Effekt, dass sich z.B. eine Apothekerin aus einer anderen Region explizit in seiner Filiale beworben hatte, weil sie in einem Gemeinwohl-Betrieb arbeiten möchte. Dasselbe berichtete er auch von einem anderen Unternehmen der Region. Ein Anwachsen von Sinnhaftigkeit und damit verbundener Lebensqualität wirke insofern motivierend und anziehend. Albrecht Binder hob noch den für ihn wichtigen Aspekt hervor, dass die nun seit zehn Jahren bestehende GWÖ-Bewegung ein lernendes System sei, das sowohl seine Sozialformen als auch die Durchführung der Bilanzierung ständig weiterentwickle – auf regionaler Ebene und weltweit.
Christian Einsiedel für die Stiftung Gemeinwohl-Ökonomie NRW führte den Zuhörer:innen in seinem Beitrag die Notwendigkeit einer Hinwendung zur Gemeinwohl-Orientierung vor Augen, indem er kurz und drastisch die heutigen Wirtschafts- und Sozialverhältnisse skizzierte. Als Orientierung nannte er die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und machte Mut, im Kontakt mit Regionalpolitiker:innen, Banken und Unternehmen diese Werte offen anzusprechen und nachzufragen. An konkreten Beispielen erläuterte er, wie eine Gemeinwohl-Bilanz für Firmen oder Kommunen erstellt werden kann.
Über die Dreigliederung des Sozialen Organismus
Michael Munk vom Kasseler Zweig der Anthroposophischen Gesellschaft schilderte den Hintergrund der Entwicklung einer Dreigliederung des sozialen Organismus von Rudolf Steiner. Es werden eine
Sphäre des Geisteslebens, eine Sphäre des Rechtes und eine Sphäre des Wirtschaftens unterschieden.
Den Gedanken eines „assoziativen Wirtschaftens“ kann man nur fassen, wenn als Grundlage der gesellschaftlichen Arbeit das Ideal der „Brüderlichkeit“ (heute vielleicht der „Geschwisterlichkeit“, der „Solidarität“ oder des „Gemeinwohls“) angesehen wird und in der Wirtschaftssphäre nicht der egoistische Vorteil gesucht wird.
Fotos @ G. Aumeier