Was hat Klimagerechtigkeit mit sozialer Ungleichheit zu tun?
Was hat Klimagerechtigkeit mit sozialer Ungleichheit zu tun?
Diese spannende Frage wurde am 14. Mai 2024 in Hamburg-Eimsbüttel mit rund 50 Teilnehmer*innen, auch unter Beteiligung der Gemeinwohl-Ökonomie Hamburg, diskutiert.
Eingeleitet wurde die Veranstaltung durch einen sehr informativen Vortrag von Prof. Dr. Sighard Neckel, Soziologe und Professor für Gesellschaftsanalyse und sozialen Wandel an der UNI Hamburg.
Er zeigte auf, dass die zumeist dargelegten Zahlen, welche Länder den Klimawandel am stärksten anfachen, zu kurz greifen. Denn bei genauer Betrachtung ist es weniger die Kluft zwischen dem globalen Norden und globalen Süden, die es zu betonen gilt… viel relevanter ist es, sich anzusehen, wieviel die Reichen und Superreichen (länderunabhängig!) im Vergleich zu den Menschen mit mittleren oder geringen Einkommen zum Klimawandel beitragen:
10 % der Weltbevölkerung, nämlich die reichsten Menschen, sind für nahezu 50% der CO-2-Emissionen verantwortlich, die Top 1% für 17 % (Quelle und weitere Informationen: World Inequality Report 2022)
Betrachtet man nur Deutschland so stieg der Anteil der Top 10 an den Emissionen von rund 24 % in 1991 auf rund 30 % in 2019. Auf die Top 1 % entfielen 2022 ganze 9,3 % (7,3 % in 1991), gleichzeitig sank in diesem Zeitraum der Anteil der unteren 50 % der Bevölkerung von 31,1 % auf 26,7%.
Die Reichen und Superreichen verursachen aber- insbesondere durch ihren Überkonsum und Hypermobilität – nicht nur ein Vielfaches der Emissionen im Vergleich zu Menschen mit geringerem Einkommen und sind gleichzeitig am wenigsten selbst von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen: Die (Super-)Reichen verdienen häufig auch noch sehr gut an der Klimaschädigung – über ihre Investments in fossile Energieträger und Industrien, in Automobilindustrie, Luftfahrt, Agrarkonzerne und in nicht-nachhaltige Finanzanlagen. Weltweit sind es ca. 100 Konzerne, die für über 70% aller fossilen Emissionen durch Produktion und Konsum verantwortlich sind und diese sind mehrheitlich im Besitz privater Investor*innen.
Die Schlussfolgerungen, die Prof. Neckel zieht:
- Im Interesse des Allgemeinwohls ist ein ökologischer Umbau erforderlich, d.h. eine gerechte Lastenverteilung, Vorzüge müssen vielen zugutekommen, die planetaren Lebensgrundlagen müssen im Interesse aller geschützt werden.
- Klimapolitik braucht „relative Mehrheiten“ und die Unterstützung großer Bevölkerungsgruppen – untere und mittlere Einkommenschichten müssen beim Klimaschutz mitgenommen werden.
- Erforderlich ist eine ökologische Politik der Umverteilung von oben nach unten, von privat zu öffentlich.
Konkret bedeutet das z.B.
- Beschränkungen klimaschädlicher Luxusgüter
- wirksame CO2-Abgaben insb. für Spitzeneinkommen
- politische Regulierungen fossiler Investments
- Klimasteuern für große Vermögen
Außerdem sieht Neckel in einer Steigerung eines sogenannten öffentlichen Luxuses einen Weg, das Bedürfnis nach individuellem Luxus und damit CO-2-Emissionen zu reduzieren. Was öffentlicher Luxus bedeutet? Z.B. ein öffentlicher Nahverkehr, der Autos überflüssig macht, öffentlich Raum, er allen zugänglich ist und in dem es Freude macht, sich aufzuhalten, eine sichere Versorgung und gute Arbeit in Bildung und Gesundheit bis hin zu günstigem Wohnraum und erneuerbaren Energien für alle (mehr dazu auch in dem Buch „Öffentlicher Luxus“ von Communia und BUNDjugend, veröffentlicht im Dietz Verlag. Link zur digitalen Open-Access-Version).
Wer sich für die genaueren Inhalte des Vortrags interessiert, findet auf Youtube einen ähnlichen Vortrag von Prof. Neckel, den er anlässlich der Langen Nacht des Klimas 2023 an der Uni Hamburg gehalten hat: https://www.youtube.com/watch?v=IZ-BCwuOp7c&t=946s
Im Anschluss an Prof. Neckels Vortrag gab es verschiedenene Diskussionskreise, u.a. zum Thema „Anders Wirtschaften“, der von Felix Behrens und Thomas Eckhardt von derr zu verschiedenen Aspekten des Thomas Eckhardt geleitet wurde und auf sehr großes Interesse stieß.
Allen, die sich mit dem Thema intensiver beschäftigen möchten und an Lösungen bereits in Initiativen mitarbeiten oder dies vorhaben, empfehlen wir die Veranstaltung der AktiKo am 12. Juli 2024 von 15 – 20 Uhr im Jupiterr Hamburg (Plätze begrenzt, Anmeldung erforderlich: https://eveeno.com/aktikowerkstatt)