Grüner Salon – Disput im Stadtgarten

Kann die Wirtschaft die Erde retten? Diese spannende und drängende Frage stand im Mittelpunkt einer lebendigen Diskussion am 27. August 2024 im Stadtgarten Köln. Über 50 Teilnehmer*innen aus unterschiedlichsten Bereichen kamen zusammen, um gemeinsam mit Expert*innen aus Wissenschaft und Wirtschaft darüber zu debattieren. Eingeladen hatten die Gemeinwohl-Ökonomie Köln Bonn und die Heinrich-Böll-Stiftung im Rahmen ihrer Reihe „Grüner Salon – Disput im Stadtgarten“.

Den Auftakt machte Anne Berg, zertifizierte GWÖ-Beraterin, mit einem inspirierenden Impulsvortrag. Sie hob hervor, wie dringend ein Paradigmenwechsel in der Wirtschaft nötig ist – hin zu einem Modell wie der Gemeinwohl-Ökonomie, das über finanzielle Kennzahlen hinaus auch soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt rückt. Die darauffolgende Diskussion zeigte klar: Eine echte Transformation braucht nicht nur politische Leitlinien, sondern auch den Druck der Zivilgesellschaft und starke Kooperationen mit anderen nachhaltigen Akteuren und Initiativen.

Carlos Pancho Yanza von Knauber Erdgas GmbH, ein Unternehmen, das kürzlich seine erste Gemeinwohl-Ökonomie-Zertifizierung erhielt, brachte sich als Best-Practice-Beispiel ein. „Der Zertifizierungsprozess der GWÖ war eine Reise der Bewusstseinsbildung und des Empowerments“, berichtete er. „Knauber möchte in Sachen Energiewende Teil der Lösung sein und investiert aktuell massiv in die Transformation des Unternehmens, allein 17 Millionen Euro in die eigene Liegenschaft.“

Verena Hermelingmeier, Professorin für Nachhaltigkeit und Transformation an der Alanus Hochschule und Geschäftsführerin der bonnvivir GmbH, lenkte den Blick auf die Entfremdung der Menschen von der Natur und kritisierte veraltete Denkmuster in der Wirtschaftswissenschaft. „Wir brauchen ein Wirtschaften, das heilt und regeneriert, anstatt Mensch und Natur gleichermaßen auszubeuten“, betonte sie. Sie fordert ein Umdenken an Universitäten und eine neue Zielsetzung für Unternehmen: Jede Organisation sollte ihren Beitrag zur Regenerierung des Planeten definieren.

Christian Vossler von der IHK Köln plädierte dafür, Klimaschutz pragmatisch und für alle umsetzbar zu gestalten. „Wir brauchen einen starken Staat, der klare Rahmenbedingungen setzt, aber auch Vertrauen in die Innovationskraft der Wirtschaft“, sagte er. Eine gesunde Balance zwischen Regulierung, Machbarkeit und Freiraum sei entscheidend, um alle Akteure auf dem Weg zu mehr Klimaschutz mitzunehmen: „Vor allem auch kleine und mittelständische Unternehmen, die sich keine Stabsstellen leisten können, um alle bürokratischen Auflagen abzuarbeiten, die damit verbunden sind.“

Stefan Gothe, Ehrenamtlicher Aufsichtsrat der Regionalwert AG Rheinland, zeigte, dass es möglich ist, mit dem Kapital von Aktionär*innen enkelfähig und nachhaltig zu wirtschaften. Er unterstrich, was der ökologische Landbau leisten kann, den die Regionalwert AGs fördern: „Ökoflächen bieten nicht nur mehr Artenvielfalt und Lebensraum, sie sind auch widerstandsfähiger gegenüber den Herausforderungen des Klimawandels. So werden zum Beispiel Ökoflächen bei Starkregen viel weniger weggeschwemmt als die Böden der konventionellen Landwirtschaft. Dreimal täglich können Verbraucher*innen entscheiden, was sie einkaufen und essen: am besten regional, bio und fair.“

Durch den Abend führte Christel Freyer von der GWÖ-Regionalgruppe Köln/Bonn. Sie fasste die Diskussion mit den Worten zusammen: „Unternehmen, die sich bewusst für nachhaltiges oder regeneratives Wirtschaften entscheiden, wie GWÖ-bilanzierte Unternehmen und gemeinwohl-orientierte regionale Projekte, werden immer bedeutsamer. Sie zeigen uns, wie ein konkreter Beitrag zur notwendigen Transformation der Wirtschaft aussehen kann – und sind ein Beispiel dafür, dass wir nicht auf Staat und Politik warten müssen!“

Am Ende des Abends stand fest: Die Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit liegen in der Zusammenarbeit, im Dialog und im Mut, neue Wege zu beschreiten. Der Grüne Salon im Stadtgarten hat nicht nur zur Diskussion angeregt, sondern auch gezeigt, dass Transformation möglich ist – wenn wir sie gemeinsam gestalten und Lösungen für kontroverse Interessen finden.

Text: Kirsten Immendorf