Informationsveranstaltung am 22.10.2018

Alles für die Tonne? Neue Produkte für Kreisläufe

Am 22. Oktober 2018 fand in der Tafernwirtschaft Schönbrunn in Landshut eine Veranstaltung der Regionalgruppe Landshut der Gemeinwohl-Ökonomie Bayern statt.

Frau Dr. Sonja Eser referierte zum Thema „Alles für die Tonne? Neue Produkte für Kreisläufe“.
Die Referentin ist Biologin und Circular Design Consultant. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit einem ökologischeren Wirtschaften am Vorbild der Natur. Als Biologin ist es ihr ein wichtiges Anliegen, Innovationen für eine nachhaltige Zukunft voran-zubringen. Sie lehrt und berät dazu im Bereich Circular Design – Gestaltung für die regenerative Kreislaufwirtschaft. Sie unterstützt Unternehmen, Verwaltungen und Organisationen bei der Entwick­lung von Produkten, Prozessen, Gebäuden sowie Systemen für die regenerative Kreislaufwirtschaft (Circular Economy der EU).

Sie hält einen Lehrauftrag zu Circular Design an der Fachhochschule Salzburg. Sie entwickelte eines der ersten realisierten Einfamilienhäuser nach Cradle to Cradle, hatte zu diesem Konzept die Leitung einer Akademie in München über mehrere Jahre und ist Herausgeberin der Publikation „Circular Design in der Praxis“. In vielen Vorträgen und Veranstaltungen informiert sie über die Circular Economy, zukunfts­fähige Produkte sowie die nötigen Änderungen im Denken für ein Wirtschaften am Vorbild der Natur. Im Vortrag ging Sonja Eser auf folgende Fragen ein:

Was versteht man unter dem Begriff Circular Design?

Mit dem Begriff Circular Design bezeichne ich die Entwicklung von Produkten, die von vornherein als kreislauffähig angelegt sind. Kernkonzepte dazu sind Cradle to Cradle, Design for Disassembly oder Biomimicry. Neben dem neuen Produktdesign ist auch ein erweitertes Verständnis des Systems rund um das Produkt nötig. Um eine Kreislauffähigkeit anzulegen, muss über ein Produkt und die eingesetzten Materialien weit mehr gewusst werden und in der Planung berücksichtigt werden, als es bisher in der Produktentwicklung der Fall ist. Ein weiterer wichtiger Aspekt im Circular Design ist die Berücksichtigung der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen, die die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft von Konsumentenseite deutlich stützen können. Dazu zähle ich die Open Source Hardware Bewegung, die Produkte „hacken“ und zu neuen Produkten zusammensetzen. Wichtig ist die sich vergrößernde Sharing Community, die bereit ist, Dinge nicht mehr zu besitzen, sondern deren Nutzung zu teilen. Die DIY Bewegung und die vielen Repair Cafés sorgen dafür, dass Produkte wieder repariert und nicht gleich weggeworfen werden. Die neue Circular Economy baut auf mehrere Kreisläufe, dazu gehören die direkte Weiternutzung, Reparatur, Aufbereitung oder das Nutzen von Teilen. Erst als letzter Schritt kommt das Recycling oder die biologische Kompostierung. Für die inneren Kreise braucht es die Bereitschaft der Konsumenten, sich darauf einzulassen, benutzte Dinge nochmal zu verwenden und älteren Produkten noch einen Wert zu geben. Ich sehe dabei den Trend zu „Vintage Style“ sehr positiv, um alternde Produkte sogar in den Vordergrund zu rücken.

Es ist wichtig, dass ein neuer Referenzrahmen für solch ein circuläres Design eingeführt wird. Die bewusste Berücksichtigung der planetaren Grenzen und das Überprüfen der Nachhaltigkeit solch neuer Produkte an den Prinzipien ökologischer Systeme ist ein wesentlicher Schritt, Produktdesign anders zu denken.

Welchen Beitrag kann Design zur Kreislaufwirtschaft leisten?

Circular Design ist eine der Schlüsselkomponenten zur Entwicklung der neuen, regenerativen Kreislaufwirtschaft. Bei der Entwicklung des Produktes geschehen die wichtigen Weichenstellungen – welches Material verwendet wird, welche Verbindungstechniken angewandt werden, welchen weiteren Weg für das Produkt angelegt wird – und entscheiden damit bereits, ob das Produkt kreislauffähig ist oder nicht. Gleichwohl kann Design nicht alles. Es ist sehr wichtig, dass neue Businessmodelle entwickelt werden, die Unternehmen ermöglichen, solch langlebigere Produkte und deren Weiternutzung ebenfalls gewinnbringend für das Unternehmen zu gestalten.

Welchen Tipp würden Sie geben, um den Wandel hin zu einer Kreislaufwirt­schaft zu erreichen?

Neue Businessmodelle sind zentral, damit Unternehmen interessante Marktchancen nutzen können. Dabei sind Information über Pionierunternehmen sicher wichtig, um weitere Unternehmen zu motivieren. Ohne ein beherztes politisches Handeln wird die Umstellung des Wirtschaftssystems aber wohl eher nicht geschehen.

Den interessanten Ausfüh­rungen von Sonja Eser schloss sich
eine lange und intensive Diskussion an.

Einige Links und Hinweise zum Vortrag:

Circular Economy Paket der EU: https://ec.europa.eu/environment/circular-economy/index_en.htm

Ellen MacArthur Foundation, aktive Stiftung zum Thema Circular Economy: https://www.ellenmacarthurfoundation.org/

Webseite von Sonja Eser zum Thema Circular Design: www.circular-design.eu

Publikation zum Thema:  Eser, Sonja/Leube, Michael (Hrsg.) (2017): Circular Design in der Praxis. Strategie und Konzepte zur Gestaltung der neuen, regenerativen Kreislaufwirtschaft. Norderstedt, Books on Demand, 2017, ISBN: 978-3-7448-5681-2

Cradle to Cradle: https://c2c.ngo/

Aktuell läuft online ein Disruptive Innovation Festival der Ellen MacArthur Foundation, die meisten Beiträge kann man auch noch nachhören: https://www.ellenmacarthurfoundation.org/ellen-macarthur-foundation-films/overview