Podiumsdiskussion „BÜRGERBETEILIGUNG – BÜRGERRÄTE am 18.6.25

„Wer gehört wird, der gestaltet Demokratie aktiv mit! Du kannst viel bewegen!“ So stand es zu lesen auf einem großen roten Roll-up des Caritasverbandes Darmstadt e.V. in der Ausstellung  „Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen“, passend aufgestellt zur Abendveranstaltung „Bürgerbeteiligung – Bürgerräte“ am 18.06.2025. Die Regionalgruppe Darmstadt der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ), Mitveranstalter der Ausstellung, hatte eingeladen.

Hans-Georg Küper, Landesvorstand der GWÖ in Hessen (HSR e.V.), begrüßte gut 40 Besucher:innen und stellte den Zusammenhang zwischen der GWÖ und dem Ausstellungsthema her. In der GWÖ Matrix – dem Kern des alternativen Wirtschaftsmodells – bilden ethische- und Verfassungswerte die Basis, darunter auch Transparenz und Mitentscheidung.

 

Stefan Juchems, erfahrender Moderator und Organisationsberater, führte eloquent durch den Abend. Zur Einordnung stellte er in einem Kreisdiagramm die allg. Interessen, den Einfluss und die Kontrolle von Bürgergremien und Beteiligungen gegenüber.

Matthias Klarebach, Vorstand von Mehr Demokratie e.V. in Hessen, erläuterte in seinem Impulsvortrag sämtliche Formen plebiszitärer Beteiligung von Bürgerversammlung, über Bürger – bzw. Volksbegehren bis zu Bürgerräten und Volksentscheiden. „Die teils hohen Hürden wie Unterschriftensammlungen verhindern heute ein Mehr an Mitbestimmung. Um die parlamentarische Demokratie weiterzuentwickeln, braucht es mehrstufige und diskursive Beteiligungselemente wie die per Zufallslos zusammengestellten Bürgerräte“.

Über 100 wurden bisher in Deutschland durchgeführt, darunter der erste vom Bundestag berufene Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ mit positiver Bilanz. Vier von fünf Deutschen begrüßen diese Form des Bürgergremiums und 96 Prozent der Pilot-Teilnehmer:innen stimmten der Aussage zu, dass der Bürgerrat für sie alles in allem eine positive persönliche Erfahrung war.

Mehr Demokratie e.V. fordert nun die nächste Stufe und die Umsetzung der Ideen und Ergebnisse in verbindliche Rechtsakte.

Klarebachs Fazit: Bürgerräte wie auf Bundesebene sollten auch auf Landesebene etabliert werden. So wird die Meinungsvielfalt repräsentiert, möglichst viele Menschen werden beteiligt. Das hält die Demokratie vital.

 

Wie Bürgerbeteiligung praktisch in Eberstadt-Süd funktioniert, stellten die Caritas Sozialarbeiterinnen Katrin Jäger und Jana Freund vor. Sie erläuterten die Organisationsstrukturen, z.B. das Instrument der Stadtviertelrunde und gaben lebendige Beispiele für gelungene Projekte, die für und von Einwohner:innen initiiert und mit verantwortet werden.

 

Bei der folgenden Podiumsdiskussion machten die Caritas Expertinnen aber auch deutlich: All das benötigt eine verlässliche, nachhaltige Finanzierung – drohende Streichungen in Hessen und auf Bundesebene gefährden viele Projekte. Dazu gab die hessische Ministerin für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales hoffnungsvolle Signale: Frau Hofmann vermittelte, dass sie „wie eine Löwin“ dafür kämpfen will, dass die Förderungen für benachteiligte Quartiere gesichert werden. D.h. in Eberstadt-Süd (und hoffentlich auch anderswo) geht die Arbeit der Caritas für Teilhabe, Gleichberechtigung, soziale Gerechtigkeit und Zusammenhalt weiter.

Nachdem das Publikum rege Fragen stellte gab es zum Abschluss des gelungenen Abends fair gehandelte Präsente vom Weltladen für alle Beteiligten auf dem Podium – überreicht von den Koordinatoren der GWÖ Regionalgruppe Walter König und Thomas Wolter

 

Übrigens, wussten Sie, dass die “Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung“, eine der Wurzeln der heutigen Initiative “Mehr Demokratie“, 1971 von Joseph Beuys ins Leben gerufen wurde? Dahinter steht die Idee der “Sozialen Plastik“, nach der jeder Mensch seinen Fähigkeiten entsprechend die Gesellschaft mitgestaltet. Beuys‘ Überzeugung: „Die Zukunft, die wir wollen, muss erfunden werden. Sonst bekommen wir eine, die wir nicht wollen.“
(Quelle: demokratie! Magazin für Beteiligung und direkte Demokratie, Ausgabe 02.2023, Seite 7)

Darmstadt, 25.6.25 (Ulrike Klimm und Walter König)

Fotos: Ulrike Klimm